Von Antje Röckemann (6. März 2020)
Der Apfel ist eine der leckersten Früchte, die ich kenne. Und vielleicht die bekannteste Frucht überhaupt. Berühmt wurde sie durch die erste Apfelpflückerin: Eva im Paradiesgarten.
Das meinen wir. Und durch den Sündenfall. Das meinen wir auch.
Beides ist – ehrlich gesagt – Quatsch. Im Bibeltext (nachzulesen bei Genesis 3) kommt kein Apfel vor, auch keine Sünde. Und Sex schon gar nicht. (Den gibt es in der Bibel, aber er kommt erst später.)
Eva pflückt eine Frucht vom Baum der Erkenntnis. Aus dieser Frucht wurde in unseren Breitengraden dann ein Apfel, in Literatur und Kunst verewigt. Das finde ich okay.
Nicht okay finde ich die Interpretation, die Eva mit dieser banalen Pflückaktion die Schuld für ungefähr alles, was seither schief lief, in die Schuhe (die gab‘s damals auch noch nicht) schob. Die christliche Interpretation macht Eva hier für sehr Vieles verantwortlich, in der Folge dann – und das ist ungleich schlimmer – pauschal alle Frauen. Das macht diese veraltete Vorstellung einer Erbsünde so problematisch.
Bibelwissenschaftlerinnen wie Prof. Dr. Helene Schüngel-Straumann haben sich den Bibeltext genauer angeguckt.
Die Ansage „vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse – von dem darfst du nicht essen“ (Gen 2, 17), wird ausgesprochen, bevor es zwei Menschenwesen, also Adam und Eva gibt. Vielleicht ist Eva darum entspannter und einfach neugierig. Eva sieht und erkennt, dass „der Baum eine Lust war für die Augen“, „begehrenswert, weil er klug und erfolgreich machte“.
Eva hat mit ihrem mutigen Handeln unsere Anerkennung verdient. Sie ist neugierig, wissbegierig, macht zunächst einen Selbstversuch, bevor sie den Apfel, der wohl gar keiner war, weitergibt. Sie setzt sich über die Normen hinweg, um etwas Neues anzustoßen. Sie handelt gebildet, bevor sie das Wissen um Gut und Böse hat.
In der jüdischen Tradition gibt es übrigens so etwas wie Erbsünde gar nicht, da verkörpert Eva eher so etwas wie eine Erbtugend. Und dann ist es egal, ob es ein Apfel oder eine andere Frucht war, in die wir beißen, um zu mehr Erkenntnis zu kommen.
Das Bild ist ein Ausschnitt aus "Adam und Eva" von Lucas Cranach dem Älteren, 1513. Das Bild ist gemeinfrei und hängt im Mainfränkischen Museum.
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Kommentar vom 22.04.2020:
Liebe Antje,
herzlichen Glückwunsch zu Deinem schönen Apfel-Blog! Obgleich das mit dem Apfel ja tatsächlich so eine Sache ist.
Ich habe jedenfalls gerade wieder einige Apfelbäumchen gepflanzt. Und als alter Lateiner ist man immer wieder neu überrascht, daß diese schöne Frucht lateinisch "malum" (langer Vokal) heißt, was ja eben auch – malus mit kurzem Vokal - "Übel", "Fehler", "Leid" und "Unheil" heißt. Tja, ungeheuerlich, daß so die geheimnisvolle Frucht des Paradiesgarten zum Apfel und damit zur Sünde wurde. Frechheit!
Wie auch immer, vielen Dank für Deinen Blog.
Liebe Grüße, Michael